3-monatige Weiterbildung in Beijing: Besuch bei Leo in Xi'an!
Beijing, Mittwoch, 8. Mai 2002

So, hier folgt nun der zweite Teil der News-Ausgabe Nr. 5. Die Tage in Wudang und in Xi'an dienten ja u.a. auch dem Vorbereiten unserer China-Reise vom Herbst 2003, auf der sowohl das Wudang-Gebirge als auch Xi'an von uns bereist werden sollen. Die China-Reise unserer Schule beginnt voraussichtlich um den 27. September 2003 und dauert rund 3 Wochen. Dies für alle diejenigen, welche sich dieses Datum schon mal vorreservieren möchten.

Ganz wichtig für mich war aber auch der Besuch in Xi'an, um alte Freunde wie den Lehrer und Direktor der gleichnamigen Schule, Zhao Changjun und Lehrer Fanqiang zu besuchen. Und natürlich wollte ich Leo sehen! Für alle, die ihn nicht kennen: Leonardo Robucci, genannt Leo, ist seit dem 13.10.1997 in unserer Schule eingeschrieben, trainierte in Unterentfelden und machte sich letzten Mai auf nach Xi'an, um dort im Institut von Zhao Changjun 1 Jahr Wushu und Taijiquan zu trainieren. Und ich kann euch versichern, er ist ein halber Chinese geworden! Er hat sich ohne jeglichen Schulbesuch und ausgerüstet lediglich mit einem Wörterbuch, ein Chinesisch angeeignet, das weit über das Radebrechen hinausgeht. Und auch im Training hat er ganz wesentliche Fortschritte gemacht. Ich möchte ihm an dieser Stelle zu dieser Leistung herzlich gratulieren.

Weil er ein Jahr da war und regelmässig trainierte, hat er auch Zeit gefunden, sogenannte freie und traditionelle Formen zu trainieren. Eine Kostprobe seines Könnens wird er uns am 30. Juni anlässlich des 2. Ausscheidungsturnieres in Buchs, organisiert durch unsere Schule, geben. Sicher im Programm sein wird "Fanzi-Quan", ein für die Provinz Shaanxi sehr typischer Stil.

Leo und ich wurden viel "herumgereicht" und überall mit reichlich gutem Essen versorgt. Wir waren schon fast froh, dass wir an zwei Morgen mit Lehrer Fanqiang, der unsere Schule ja im Januar 2002 während 3 Wochen besucht hat, trainieren und damit auch weiter verdauen konnten.

Daneben durfte ich wieder einmal erfahren, dass in China die Regel "der Freund meines Freundes ist auch mein Freund" gilt. Zudem sah ich, auch nicht zum ersten Mal, was guanxi, also Vitamin B so alles bewirken kann. Der Freund von Lehrer Fanqiang, Lao Shi, was soviel heisst, wie der alte Shi, fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, eine Show der Tang-Dynastie anschauen zu gehen. Er kenne da jemanden, der ihm manchmal Plätze zuhalte. Ich sagte "gerne", er machte ein Telefon und das war es dann. Ich erschien dort alleine (der alte Shi hatte keine Zeit) und trotz Gewühl, war alles schnell geregelt und man hielt mir einen geradezu hervorragenden Platz zu. Die Show war ausgezeichnet.

Noch eine Anekdote zum Schluss: "Zou houmen" oder "durch die Hintertüre gehen" ist manchmal so wichtig wie das vorhin erwähnte guanxi, d.h. den nicht offiziellen Weg gehen. Für die Fahrt nach Xi'an hatte mir das Reisebüro im Wudang-Gebirge ein Ticket für den falschen Tag gekauft. Eigentlich wäre es, da Hochsaison, unmöglich gewesen, auf offiziellem Weg noch einen "soft sleeper" zu bekommen. So musste das Reisebüro mich "durch die Hintertüre schicken". Auf einem Umsteigebahnhof traf ich einen Mann, der mich für eine "Vermittlungsgebühr" von rund 50 Yuan (ca. 10 Franken) mit einem vorher via Natel informierten Schaffner des Nachtzuges nach Xi'an in Verbindung brachte. Der hat für "solche" Fälle immer noch ein Kontigent Tickets dabei...

Gestern bin ich nun wieder in Beijing angekommen und bereite mich seit heute intensiv auf die letzten Prüfungen von kommender Woche vor. Hier nun noch einige Fotos aus Xi'an. Dabei sind es allerdings vorwiegend Fotos, die mit Wushu zu tun haben.

Lehrer Fanqiang unterrichtete Leo unter anderem im Adlerstil; rechts eine Stellung mit Schwert.

   

Leo einmal mit Dao (Säbel) und einmal in einer Stellung aus dem Fanziquan.

   



Nochmals Leo mit Fanziquan (oben). Daneben ein Bild mit Säbel und Schwert.

   



Auch mir zeigte Lehrer Fanqiang noch kurz, wo's langgeht. Das Bild daneben zeigt Leo, Lehrer Fanqiang und seine Frau Wang Ke beim Wahrzeichen der Stadt, dem Glockenturm. Wer Leo nicht kennt, dem sei versichert, dass er NICHT auf einem kleinen Hocker oder so etwas Ähnlichem steht!

   

 

Und immer wieder Essen, Essen, Essen. Diesmal bei den Schwiegereltern und dem Schwager von Lehrer Fanqiang. Gekocht hat übrigens der Schwager!

Wang Ke, die Frau von Lehrer Fanqiang, beim Jiaozi (Teigtaschen) machen. Ein Ge-richt, für das Xi'an sehr berühmt ist. Ähm, für Feinschmecker: Die Jiaozi sind hinten rechts!

   

Herzliche Grüsse in die Schweiz

 

 

 

Jürg Wiesendanger, Beijing

 

 

Sekretariat Wu Shu Akademie Schweiz:
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