Reise in die Provinz Hunan
Zhangjiajie, Geopark als UNESCO Welterbe
Um es gleich vorwegzunehmen: Mein Freund und Lehrer Fanqiang hatte nicht ganz Unrecht, als er mich bei der Abreise von Xian vor dieser Gegend warnte. Ich solle vorsichtig sein. Und er sollte Recht bekommen! Die Gegend selber ist tatsächlich eine Reise wert. Ich hoffe, die Bilder sprechen für sich. Der Park ist total 369 km2 gross und gut erschlossen. Die verschiedenen Gebiete können begangen und/oder befahren werden. Busse zirkulieren den ganzen Tag frei im Park. Individualverkehr gibt es offenbar nicht. Die Berge sind über Seilbahnen oder - in einem Fall - über einen fast 300 m hohen Lift erschlossen (teilweise im Berg, oben dann aussen, was sehr spektakulär ist). Man kann entweder im Park selber übernachten oder dann jeweils bei den Eingängen eines der vielen Hotels buchen. Das Gebiet, welches eher unter dem Namen "Wulingyuan" bekannt ist, ist seit 1992 UNESCO-Welterbe. Das Gebiet ist vor allem bei Chinesen und Koreanern sehr beliebt. Westler habe ich kaum je dort gesehen. Die Gegend kam mir aber in vielerlei Hinsicht irgendwie vor wie ein Eldorado, wobei es darin überspitzt gesagt nur gerade ein Nugget gab: Mich! Und dementsprechend mühsam war es dann auch. Ich habe ja nun wirklich nicht wenig China-Erfahrung, aber es gab dort kaum einen Ort, wo man nicht versuchte, mich zu "overchargen" (also die Preise für den Ausländer höher anzusetzen, als für die Chinesen). Das fing an beim täglichen Einkauf auf der Strasse, wo die Flasche Cola auf einmal 5 Yuan kostete ("die kostet aber in ganz China nur 3 Yuan", sagte ich, "aha, dann kannst du 3 Yuan geben", war die Antwort), ging weiter über den Taxifahrer (ich hatte kein Kleingeld und gab 10 Yuan. "Die sind gerade richtig" meinte der Fahrer "he, schau mal auf dein Taxometer!", sagte ich - es zeigte 4 Yuan - "aha, ja, Recht hast du"), über einen Motorradfahrer, der 5 Yuan wollte für ein paar Hundert Meter fahren ("na, dann will ich nicht", sagte ich, "ok., dann 2 Yuan" sagte er), weiter zum Taxifahrer zurück zum Flughafen (wir hatten 15 Yuan vereinbart; am Eingang zum Flughafen gab es eine Gebühr von 5 Yuan, von der er mit Sicherheit wusste, die er aber mir aufbürden wollte, "ich gebe dir 15 Yuan, wie ausgemacht, keinen Yuan mehr" sagte ich) und noch ein Fahrer irgendwo beim Park, der mich für 2 Yuan irgendwohin fahren wollte ("nein, da nehm' ich lieber das Motorrad" sagte ich, "der will aber auch 2 Yuan" entgegnete er; ich ging trotzdem weiter
"ok., ok., dann halt 1 Yuan"). So ging das dann den ganzen Tag und war entsprechend anstrengend. Auch noch so eine Geschichte: Am einen Parkeingang wurde ich von Führerinnen bedrängt, welche mir den Park zeigen wollten. Wer das nicht schon erlebt hat, kann sich das nicht vorstellen. 10 Führerinnen, welche dir ihren Ausweis förmlich ins Gesicht drücken und beim Ticket lösen ständig hinter dir stehen und dich bearbeiten, dich auch schon mal rupfen und zupfen. Im lonely planet-Reiseführer wurde das prophezeit. Da stand aber auch: "You don't need one, just follow the crowds up the hill". Um doch nicht ganz ohne Hilfsmittel da zu stehen, fragte ich nach einer Landkarte. Allerdings gab es die dort nicht, selbst die chinesische Ausgabe verdiente diesen Namen nicht. Als ich dann am selben Abend, es war der 12. April, beim andern Ende den Park verliess, um mir am nächsten Tag den Rest anzusehen, waren auf einmal Strassenhändlerinnen da, welche sehr gute chinesisch-englische Karten verkauften. Am nächsten Morgen wurde mir auch klar, warum es die an diesem Eingang gab, am andern
nicht: Hier gab es keine mich bedrängende Reiseführerinnen! Noch Fragen? Nach dem Landkartenkauf wurde ich aber auch gleich abgefangen und gefragt, ob ich nicht mal ins Hotel soundso kommen und mir die Zimmer ansehen möchte. Ok., sagte ich. Ich merkte, dass der junge Mann spürte, dass er hier einen einigermassen erfahrenen Chinareisenden vor sich hatte. Der Preis für das Zimmer war mit 120 Yuan bereits sehr tief. Trotzdem fragte ich in selbstverständlichem Ton nach einer Reduktion. Ok., für 100 Yuan kannst du es haben. Danach gingen wir an die Reception, wo er den ausgemachten Preis mitteilte. Das Zischen der Dame dort bestätigte mir, dass ich an deren Schmerzgrenze getroffen, wenn nicht diese sogar schon überschritten hatte. Letztendlich müssen sie sich aber nicht wundern. Sie haben sich das selber zuzuschreiben. So verlasse ich denn diese Gegend um Zhangjiajie mit einem gemischten Gefühl. Wunderbare Landschaften; aber ein nur wenig einladendes Drumherum. Einzig im Hotel "Minzu Bingguan" in Zhangjiajie-Stadt wurde ich sehr zuvorkommend und insgesamt mit einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis bedient.

Jürg Wiesendanger

Hier die Fotos:

Die Höhle des gelben Drachens ist eine riesige Karsthöhle in der Gegend etwas ausserhalb des Parkes...
 
...Sie verfügt unter anderem über einen 800 m langen See, welchen wir in Booten befahren haben...
 
...Die Beleuchtung der Höhle ist typisch für chinesische Höhlen. Die Höhle ist allein von der Grösse...
 
...und Höhe her sehr beeindruckend und der offizielle Teil braucht zur Begehung rund 2 Stunden.
 
Eine für den Park ganz typische Felsformation.
 
Hier nochmals so eine Gegend, die doch glatt einer Tuschezeichnung entspringen könnte.
 
In dieser Gegend blühen um diese Zeit die Azalelen.
 
In einem Parkteil lebt eine halbwilde Affengruppe, die nicht gefüttert werden darf.
 
"Do not expect to see it alone. The park is swarming with tourists", steht in meinem Reiseführer. Wie wahr, wie wahr! Aber es gab auch sehr ruhige Momente, vor allem gegen Abend. Ein guter Tipp ist auch: Entferne dich möglist weit von der Bushaltestelle. Obwohl, selbst da war man nicht immer sicher vor wandernden Touristen in Anzug, Krawatte und Frauen in Stöckelschuhen (!). Aber im Verhältnis zum letzten Jahr in Sechuan habe ich doch schon eine deutliche Besserung zu funktioneller Ausrüstung bei den Chinesen festgestellt.
 
Die Touristen, auf dem Bild nicht zu sehen, flohen alle auf die rechte Strassenseite. Links sind die Verkäuferinnen, welche alle dasselbe Produkt anboten: Heisse Marroni. Diese boten sie lautstark und mit viel Engagement an.
 
"Die 1. Brücke der Welt", wie die Chinesen diese Naturbrücke überschwenglich nennen. Praktisch jeder einigermassen spezielle Gipfel oder Ort hat solch einen bildhaften Namen. Da die Chinesen über ihre Schriftzeichen seit Jahrtausenden in Bildern denken, ist dies nicht verwunderlich.
 
Tatsächlich, hier vor Ort entstehen sie also, diese wunderbaren Kunstwerke. Solche Zeichner und Zeichnerinnen habe ich immer wieder angetroffen. Sie sind offenbar ein paar Wochen oder Monate zum Zeichnen hier und verkaufen dann die Werke irgendwo.
 
 
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