Nachricht von Sibylle Hofmann aus Beijing
Beijing, 13.11.2005
Mitte Februar 2005 kam ich hier nach Beijing um Taiji zu trainieren. Die Pekinger Sportuniversität bietet ein zweijähriges Diplomstudium für Ausländer an. Dieses beinhaltet die 24er und 42er Faustform, die 32er und 42er Schwertform, eine Form aus dem Sunstil, je eine Form aus den beiden Wustilen, die 56er Wettkampfform des Chenstils, Tuishou, Baghua Zhang und Xingyiquan. Jede Form wird nach ein bis zwei Monaten geprüft.
Zusammen mit Dominik Moser begann ich in der Ausländerklasse die 56er Chenstilwettkampfform zu trainieren. Es war ein ziemlich intensives Training, welches von Montag bis Freitag von 8.00 bis 11.00 Uhr dauerte. Am Nachmittag ging ich in den Chinesischunterricht. Chinesische Sprachkenntnisse sind hier ziemlich wichtig, da nur sehr wenige Chinesen Englisch sprechen können. Auch die Unterrichtssprache im Taiji ist Chinesisch.
Mitte Mai kam dann mein Freund nach Peking. Während vier Monaten reisten wir durch China, Pakistan und Indien. Diese Abenteuer könnt ihr unter www.weitweg.ch.vu nachlesen.
Seit Ende September bin ich nun wieder zurück an der Sportuni. Es war wie ein nach Hause kommen. Meine früheren Klassenkameraden waren noch fast alle da. Nun sind wir aber zwei Klassen. Die Anfänger, vor allem aus Westlern bestehend, trainieren gerade die 32er Schwertform und wir Fortgeschrittenen, vor allem aus Asiaten bestehend (mit einer Blondine als Ausnahme; Anm. der Redaktion: Wer das wohl sein könnte?;-)), trainieren den Wustil (nach Wu Jianquan). Dieser zeichnet sich vor allem durch den nach vorne geneigten Oberkörper aus, so dass zusammen mit dem hinteren Bein eine Linie entsteht. Zuerst waren die Bewegungen recht gewöhnungsbedürftig, doch jetzt gefällt mir dieser Stil sehr gut. Viele Bewegungen des Wustils sind in der 42er und 48er Form wiederzufinden. Von 11.00 bis 12.00 Uhr habe ich zusätzlich eine Stunde Privatunterricht bei Lehrer Huang im alten Chenstil. Nach drei Stunden Training in der Klasse, ist diese Stunde doch sehr intensiv. Mein Beindurchmesser wächst von Woche zu Woche!
Der Nachmittag ist wieder ganz der Sprache gewidmet. Natürlich ist mit dem Chinesischunterricht auch viel Arbeit verbunden: Täglich Aufgaben machen,
Wörtli und Grammatik lernen und Schreiben üben. In meiner Freizeit bin ich vor allem mit Koreanern und Japanern zusammen, welche praktisch kein Englisch sprechen. So ist die allgemeine Umgangssprache Chinesisch, was natürlich ein gutes Sprachtraining ist. Leider wird aber mein Englisch und Französisch immer schlechter!
Seit ich wieder in Beijing bin, ist es praktisch immer sonnig, aber es wird auch täglich kälter. Letztes Wochenende wurden endlich die Heizungen angestellt. So muss ich wenigstens nicht mehr in Thermounterwäsche und mit Bettflasche schlafen! Da es aber so extrem trocken ist, hatten wir letzte Woche eine obligatorische Feuerwehrübung. Jeder Schüler musste mit wahrscheinlich aus Vorkriegszeiten stammenden Feuerlöschern ein Feuer löschen. Typisch chinesisch waren etwa zwanzig Wachleute und ein Reporterteam mit Kamera anwesend. Die Zeit hier geht extrem schnell vorbei. In gut zwei Monaten fliege ich schon wieder nach Hause. Aber es wird sicher nicht das letzte Mal China sein!
 
Sibylle und Lehrer Huang (und die, welche Sibylle nicht kennen, wissen nun auch, wen sie mit der Blondine im Bericht meinte...)
 
 
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