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News Nr. 3 - Die Grosse Mauer!
Es gibt ja einige Mauerstücke, die man von Beijing aus besuchen kann. Das am meisten besuchte, ist dasjenige Mauerstück von Badaling. Es ist schön restauriert mit einer grossen Festungsanlage, ABER es ist DAS Mauerstück, welches alle sehen wollen. Auch weil es relativ nahe zur Stadt liegt und über eine relativ neue Autobahn sehr gut zu erreichen ist. Hier hatten wir nur bei unserer ersten Reise 1993/1994 etwas Ruhe: Im Dezember und bei Minusgraden! Sonst ist dieses Stück ganz einfach überlaufen, sowohl von Touristen als auch von den aufdringlichen Strassenhändlern. Deshalb besuchte ich später einmal das Mauerstück von Mutianyu. Da herrscht nun aber mittlerweile auch Kirmes. Im Jahre 2000 auf unserer ersten Chinareise besuchten wir Simatai auf Anraten des damaligen Reiseorganisators und waren begeistert. Die Anfahrt dauerte meiner Erinnerung nach damals über drei Stunden (weshalb eben die Heerscharen an Touristen in der Regel nicht hierher kommen). Wir wurden aber reich belohnt mit einem schlicht atemberaubenden Stück Mauer (im doppelten Sinne). Die Bergflanke von Simatai ist wirklich beeindruckend und man kann sich kaum vorstellen, wie vor Hunderten von Jahren all dieses Material auf den Berg transportiert worden ist. Per Zufall stiess ich dann kurz darauf auf den Beschrieb einer Wanderung von Jinshanling zu eben diesem Simatai. Vor ungefähr 7 Jahren habe ich diese Wanderung zum ersten Mal ausprobiert und war begeistert. Mit der Gruppenreise 2006 war die Wanderung erstmals im Programm und ein durchschlagender Erfolg. Naheliegend, dass ich die Reise auch mit Livia und Michelle unternehmen wollte.
Etwas beunruhigt hat mich heute die Tatsache, dass eine Autobahn von Beijing bis ganz in die Nähe dieses Mauerstücks in wohl etwas mehr als einem Jahr beendet sein wird. Eventuell wird dieser Bau das Mauerstück von Jinshanling ebenfalls nachhaltig verändern bzw. die Art und Weise, wie der Tourismus hier danach ablaufen wird. Wir werden aber dieses Jahr auf jeden Fall noch einmal mit der Reisegruppe hingehen.
Was ist weiter speziell an diesem Mauerstück: Es ist im ersten Teil renoviert, danach folgt ein sehr langes Stück, welches nicht renoviert ist. Auch dies macht den Reiz der Mauer aus, denn es ist dasjenige Bild, das für die meisten der restlichen paar Tausend Kilometer dieses Bauwerkes ebenfals gelten dürfte: Es verfällt! Es liegt in einer ansonsten etwas eintönigen Landschaft, was aber durchaus seinen Reiz hat. Die Mauer ist dadurch im Landschaftsbild umso präsenter. Wir überschreiten zudem an einem Mauerteil die Provinzgrenze zwischen Hebei und Beijing und man muss auf der Mauer nochmals einen Eintritt bezahlen. Irgendwie schräg, aber es ist so. Zum Schluss kommt man über eine Hängebrücke, die man nicht umgehen kann. Auch dort sitzt am Ende nochmals jemand und verlangt "Wegzoll". Allerdings konnte ich mit den Leuten insofern verhandeln, dass die beiden Mädchen an beiden Orten nurmehr einen Eintritt zu bezahlen hatten.
Speziell sind auch die Leute aus der Gegend selber, die mit ihren abgewetzten Kleidern und Schuhen, aber schwer bepackt mit Getränken und Postkarten, auf die Touristen warten und sie ungefragt begleiten. Am Anfang war dies immer ein eher beklemmendes Gefühl, aber die Leute sind in der Regel nicht aufdringlich und helfen auch an den ganz steilen Stellen oder zeigen mal den Weg, wenn man die Mauer verlassen muss, weil sie an gewissen Stellen nicht begehbar ist. Zudem ist es Teil ihres Geschäfts zu wissen, dass sie am Ende unter Umständen ohne Ertrag verabschiedet werden. Es ist nicht ganz einfach, diese Leute loszuwerden, in der Regel geht es nur auf Chinesisch, so dass wir auch heute wiederum keinen "Schatten" hatten. Man muss ihnen einfach klarmachen, dass man schon alles hat und eine Begleitung deshalb nicht lohnt.
Auch bei den Strassenhändlern kann Chinesisch hilfreich sein, was wir auch heute wieder eindrücklich erlebt haben. Manchmal, aber auch nur manchmal, kriegt man dann einen andern Preis zu hören, als wenn man kein Chinesisch spricht. Am Anfang der Mauer habe ich für Livia den Preis eines T-Shirts "I climbed the Great Wall" (musste ja sein...) ausgelotet und erfuhr, dass die Schmerzgrenze wohl irgendwo bei 15 bis 20 Yuan liegen müsste (das Feilschen begann bei 30 Yuan). Als ich später mit einem Strassenhändler ins Gespräch kam und ihn nach kurzer Zeit wegen einem T-Shirt anging, erhielt ich ohne Umschweife den Preis von 15 Yuan. Dafür ging er dann nicht mehr weiter runter. Das sei schon der Chinesenpreis, meinte er mit einem breiten Grinsen. Wahrscheinlich hatte er Recht, verlangten doch alle nachfolgenden Strassenhändler Preise zwischen 20-30 Yuan (ich weiss, Peter, du hättest ihm noch 2 Yuan mehr abgenommen...lach). Handeln kann man aber grundsätzlich auch ohne Chinesischkenntnisse. Dazu reicht ein Blatt Papier auf dem jeder seine Preisvorstellungen abgibt. Soviel zum Thema "märte" hier in China.
Das Wetter war leider nicht sehr fotografenfreundlich, d.h. sehr hell und dunstig. Zum wandern war es etwas warm, aber auszuhalten. Die Grosse Mauer ist an vielen Stellen sehr steil und ich betone es nochmals gerne: Sehr steil! Das ist auf den Bildern nur schwer zu zeigen, aber einen kleinen Eindruck gibt es doch, wie es war. Viel Spass beim anschauen.
Grüsse in die Schweiz
16.5.09/Jürg Wiesendanger
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