Newsletter Nr. 4: Xidi, NOCH kein Museumsdorf!
Ein Dorf aus dem Jahre 1047 n. Chr., gegründet von Nachkommen des letzten Tang-Kaisers

 

Xidi, das zweite kleine Dorf, welches ich an diesem Tag besuchte, ist ebenfalls UNESCO-Welterbestätte mit typischer Huizhou-Architektur. In solchen Dörfern suche ich, wenn es irgendwie geht, oft auch etwas abseits der Ladenstrasse Wege zu finden. Dort ergeben sich manchmal spannende, interessante oder auch erheiternde Momente mit Einheimischen. Gerade Xidi war ein gutes Beispiel dafür (siehe Fotos). Wie in Hongcun fand ich, dass die Menschen noch nicht durch den Tourismus "verdorben" sind (in Yangshuo, wo wir mit unseren Reisegruppen jeweils sind, muss man mittlerweile bezahlen, wenn man einen Wasserbüffel fotografieren will, d.h. die Bauern kommen daher gerannt und wollen Geld für ein Foto) und empfand dies deshalb als ermutigendes Erlebnis, im Sinne von "es geht auch anders". Auch wurde man weitestgehend in Ruhe gelassen, d.h. ein "Nein" wurde als solches akzeptiert. Mal sehen, wie das in ein paar Jahren aussieht.

 

Ansonsten verweise ich auch wieder auf die Bilder. Das Wetter war leider weiterhin schlecht. Die Ausläufer eines Taifuns trafen auch den Süden der Provinz Anhui. Am 26. reise ich mit dem Bus weiter nach Hangzhou in der Provinz Zhejiang, von wo ich am 27. dann nach Beijing zurück fliegen werde. So interessant es hier auch ist, freue ich mich darauf, wieder einmal länger als eine Nacht an einem Ort zu sein.

 

Am Abend lief ich dann noch in der "lao jie", der alten Strasse von Huangshan-Stadt umher. Sie wurde offenbar aufwendig renoviert und hat schon fast "Xijie-Flair" (die berühmte Weststrasse in Yangshou, welche alle unsere Reisegruppen kennen gelernt haben). Am Rande dieses Quartiers wollte ich noch etwas essen, hätte aber mindestens 28 Yuan für ein Menü bezahlen müssen, welches ich sonst für 10 - 15 Yuan kriege. Ich entschloss mich, einen "Prinzipien-Abend" einzulegen, d.h. auf keinen Fall so viel bezahlen zu wollen, obwohl die Preisdifferenz in Franken natürlich klein war, für chinesische Verhältnisse nun mal aber sehr gross. Zum Schluss fand ich ein freundliches Lokal, wo ich genau das Gesuchte erhielt und nur 12 Yuan bezahlen musste. Tja, das sind die kleinen Sorgen des Ausländers in China.

 

 

Herzliche Grüsse in die Schweiz

 

25.10.2010/Jürg Wiesendanger

 

 

 

Das Wahrzeichen von Xidi, der dreistufige Schmuckbogen aus der Ming-Dynastie, begrüsst den Besucher kurz nach Betreten des Areals.
Die erste Gasse, kurz nachdem ich mich in das Gewusel von Gässchen und Strässchen gestürzt hatte: Auch hier waren sie wieder unterwegs, die malenden StudentInnen. Sie alle waren auf höfliches Fragen jeweils immer sofort bereits, eine Foto machen zu lassen.
Wie in Hongcun finden sich auch in Xidi wieder die engen Gassen und dieselben architektonischen Eigenheiten der Huizhou-Architektur.

Die Läden auf der Hauptgasse haben mich nicht so interessiert. Etwas abseits sah ich wieder Waschfrauen bei der Arbeit. Das sei die Wäsche der KünstlerstudentInnen, sagten sie mir. Sie hatten sie soeben im Fluss gewaschen und offenbar die reinste Gaudi, dass da ein Laowai ("Ausländer", wörtlich "der Alte von ausserhalb") mit ihnen Chinesisch spricht und erst noch das Ganze fotografisch festhalten wollte. Auch sie willigten fröhlich ein. Hinweis: Sie halfen ihr dann schon...

Noch etwas weiter fand sich dann der Eingang zur Unterkunft der KünstlerstudentInnen.
Dieser Student zeichnete...
...diese Brücke. Ja, ich gebs zu, sie alle, die da wie wild zeichneten, faszinierten mich. Man muss wissen: Es windete, war nicht gerade warm und hin und wieder fielen Tropfen vom Himmel.
Dann fand ich noch dieses Original: Ein Steinmetz, der stolz vor seinen fertig gestellten Steinplatten posierte. Daneben hielt er sich auch noch ein Schwein (fand es irgendwie eine lustige Kombination). Auch er grinste breit, als ich bei ihm eintrat und zu fragen begann.
Aufmerksam auf ihn wurde ich wegen dieser Arbeit: Ein typisches Bild vom Huangshan, welches er gerade aus diesem Stein meisselte, als ich eintrat. Damit ich fotografieren konnte, legte er alles zur Seite. Der Tourismus hat diese Leute noch nicht verdorben (wie hin und wieder in China angetroffen). Er verlangte für die Foto kein Geld, sondern freute sich im Gegenteil über meine Fragen und gab bereitwillig Auskunft. An diesem Bild werde er insgesamt einen Monat arbeiten. Eine Woche bleibe noch. Es werde nun aber zunehmend schwierig, weil die vielen Details auszuarbeiten seien. So ein Bild koste dann etwa rund 3000 Yuan (ca. CHF 450).
Das Schlussbild aus Xidi ohne Kommentar.
 
 
 
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