Newsletter Nr. 5: Hangzhou, Hauptstadt der Provinz Zhejiang mit rund 7 Mio. Einwohnern
Hangzhou scheint auf den ersten Blick nicht viel anders als andere chinesische Grossstädte, allerdings mit einem Vorteil: Dem Westsee!

 

Hangzhou ist eine der berühmtesten Touristenstädte Chinas. Zu verdanken hat sie das wohl nicht seiner lagebedingten (fruchtbares Gebiet am Ende des Kaiserkanals) vergangenen Erfolgsgeschichte, sondern vielmehr einem weitgehend, allerdings über Jahrhunderte, von Menschenhand geschaffenen See, dem Westsee (Xihu). Der Westsee war ursprünglich eine Lagune. Erst im 8. Jahrhundert wurde die sumpfige Fläche "ausgebaggert" und nach und nach entstand dann daraus der Westsee.

 

Der See mit seinen ganzen Anlagen, Parks, Inseln, Wegen, Dämmen, den umliegenden Hügeln mit Teeplantagen, Relikten aus vergangenen Tagen wie Tempel, Pagoden und Gräber, Museen, Galerien, dem botanischen Garten usw. ist ein wunderbarer Ort, um abzutauchen. Obwohl es eigentlich immer viele Touristen hat, gibt es einige eher versteckte Winkel, in denen man den grössten Strömen entfliehen kann und seine Ruhe hat. Dies zeigte sich auch an folgender Anekdote: Am Abend im Zhongshan-Park auf einer der Inseln im Westsee wanderte ich fast gänzlich alleine durch die Anlage, als ich plötzlich zwei Parkwärterinnen sah, welche, statt zu arbeiten, unter grossen, herunter hängenden Blättern, Karten spielten. Sie gaben ein köstliches Bild ab, aber sie wollten sich auf keinen Fall fotografieren lassen, was ich natürlich respektiert habe.

 

Ich logierte im Wanghu-Hotel ("Hu" heisst See, der Westsee heisst "Xihu") und hatte aus dem Frühstücksraum auch tatsächlich eine wunderbare Sicht auf den See (siehe Bilder vom zweiten Tag in Hangzhou). Am Abend ging ich noch an die Hefang-Strasse, einem Teil der Fussgängerzone von Hangzhou. Auch dies ist ein Zeichen fortschreitender Entwicklung: Es entstehen in ganz China immer mehr Fussgängerzonen.

 

Was mich überrascht hat ist, dass man selbst in Hangzhou noch auf Leute trifft, die sich verwundert umdrehen und raunen "Laowai" (Ausländer).Dies kam so häufig vor, dass es schon ein bisschen nervte. Da habe ich mich einmal, als ein älterer Mann zu seiner Frau sagte "Waiguoren" (anderes Wort für Auslänger), umgedreht und gefragt: "Nali? Nali?" (soviel wie "wo? wo?" oder "wo denn?").

 

Der Aufenthalt war natürlich viel zu kurz, um sich ein schlüssiges Bild von dieser Stadt zu machen. Man stelle sich vor: Eine Stadt mit fast so vielen Einwohnern wie die Schweiz. Aber Hangzhou war für mich definitiv eine Reise wert, auch wenn es immer noch viele Touristen gibt. Es sind halt in diesem Land einfach überall eine Menge Menschen. Daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt, wie an Vieles andere auch, das Positive, wie das Negative (selbst das Spucken und Schmatzen kann ich ganz gut ertragen). Wo ich etwas streng mit den Chinesen sein kann, ist, wenn sie drängeln. Das scheint eine nationale Untugend zu sein, ganz tief verwurzelt in den Genen so à la "wenn ich nicht drängle, kriege ich keinen Reis". Als Westler empfindet man das als in höchstem Masse unhöflich. Nach allem was ich schon erlebt habe, hat das einer heute doch tatsächlich noch getoppt: Ein Chinese drängelte sogar noch am Pissoir. Jaja, wenn einer eine Reise tut, kann er was erzählen.

 

Vom zweiten Tag, dem Mittwoch, gibt es ganz unten auch noch ein paar Bilder (es sind die mit Sonne...). Seit Mittwochabend (Beijing-Zeit; wir sind ja sechs Stunden voraus) bin ich wieder hier und werde am Donnerstag mal an die Sportuni gehen und schauen, ob ich zum Trainieren komme. Allenfalls melde ich mich in ein paar Tagen nochmals, aber viel wird hier nicht mehr zu berichten sein. Es geht ums Training und ums Einkaufen von dem, was unsere Schule im nächsten Jahr an Schuhen, Waffen und sonstigen Artikeln brauchen wird.

 

 

Herzliche Grüsse in die Schweiz

 

27.10.2010/Jürg Wiesendanger

 

 

 

So präsentierte sich mir also der berühmte Westsee von Hangzhou am ersten Tag. Ich spazierte in den Hügeln im Nordwesten des Sees und hatte damit meine Ruhe vor den Touristenströmen am See. Das Wetter aber wollte und wollte einfach nicht. Links im Bild die Baochu-Pagode.
Dieses Bild habe ich vom gleichen Standort aus aufgenommen wie das erste Bild. Der Blick geht hier aber nach Süden in Richtung der Teehügel, wo der berühmteste aller Grüntee-Sorten, der Longjing (Drachenbrunnentee) herkommt. Vor uns sieht man den Badi, einer der Dämme, welche im Westsee angelegt worden sind.
Beim Weiterwandern entdeckte ich dann dieses daoistische Kloster, das Baopu-Kloster.

Innen bot das Kloster solche Bilder.

Eine der vielen Gottheiten, die es im Daoismus gibt.
Die neun Drachen (die Zahl neun ist gleichzeitig das Symbol für den Drachen).
Ein letztes Bild aus dem Innenhof, bevor ich mich wieder auf den Weg machte. Es sollten noch ein paar Kilometer werden.
Hier der Damm, den wir schon auf einem der Bilder oben gesehen haben, von unten am See fotografiert.
Etwas später, am Eingang zum Badi, dem vorher gezeigten Damm, sah ich diese Szenerie. Der Westsee ist natürlich ein beliebtes Ziel für Hochzeitsfotos. Man sieht immer wieder Paare, umschwirrt von ganzen Teams, dem Fotografen und z.T. mehreren AssistentInnen. Bei diesem Wetter konnte einem die Braut fast leid tun, aber sie schien das nicht zu kümmern. Sie nahm alle möglichen Posen ein und zeigte für alles eine Engelsgeduld.
Hier das letzte Bild vom 26.10 bei Tageslicht. Danach wurde das Wetter noch schlechter und zunehmend dunkel, so dass ich vor allem noch endlos marschierte, aber nicht mehr fotografierte.
Das allerletzte Bild vom Tag bildete mein Kurzabstecher an die Hefang-Strasse, ein Teil der Fussgängerzone von Hangzhou. Diese Strassen sind vor allem in der Nacht mit ihren Lichtern und Lampions immer wieder ein Augenschmaus.
Beim Frühstück im Wanghu-Hotel hatte ich dann am 27.10. diese Aussicht. Endlich konnte ich mit etwas Sonne rechnen.
Endlich, die Sonne! Das wirkte sich auf die Bilder sofort sichtbar aus. Ich war mit dem Fahrrad am Westsee unterwegs. Eine sehr angenehme Art, sich fortzubewegen. Diese Brücken befinden sich südlich vom Ba-Damm.
Auf diesem Bild habe ich die Brücken näher herangeholt. Chinesische Parkanlagen haben oft auch etwas Verspieltes, was sich u.a. in den Brücken zeigt.
Hier blicke ich vom Ba-Damm wieder zurück auf die Brücken. Sie sind allerdings zu weit im Hintergrund, um im Bild sichtbar zu werden.
Der Ba-Damm verbindet die Gu Shan-Insel mit dem Festland. Darauf befindet sich unter anderem das Provinzmuseum der Provinz Zhejiang und der Zhongshan-Park. Vor Letzterem findet sich dieses Tor, welches hier gegen die Sonne wie ein Scherenschnitt wirkt.
Etwas weiter vorne auf dem Ba-Damm selber bietet sich dieser Durchblick gegen Hangzhou hin.
Immer noch auf dem Ba-Damm: Blick zur Baochu-Pagode, bei welcher ich tags zuvor vorbei gewandert bin.
Hangzhou wollte sich offenbar noch mit mir versöhnen: Glitzerndes Wasser am Westsee vom Ba-Damm Richtung "Teehügel", also Süden. Damit ging meine Reise, auf der ich mögliche Orte für die nächste Chinareise 2012 inspizierte, zu Ende.
 
 
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