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Newsletter Nr. 6: Die Grosse Mauer bei Huangyaguan Auf der Suche nach neuen, interessanten und noch wenig frequentierten Abschnitten der Grossen Mauer
In der Nacht vom Montag auf den Dienstag bin ich nun also wohlbehalten und dieses Mal ohne Umwege in der Schweiz angekommen. Am Montag fuhr ich noch an die Grosse Mauer von Huangyaguan. In der Regel laufen wir ja bei unserem Besuch der Grossen Mauer von Jinshanling nach Simatai. Beides sind ganz besonders schöne Mauerabschnitte und die Wanderung ist auch deshalb reizvoll, weil wir dabei über restaurierte und nicht restaurierte Mauerstücke kommen. In Simatai wird nun aber gebaut und wir müssten deshalb, wenn sie bis nächsten Herbst nicht fertig werden (und so sieht es im Moment aus) wieder nach Jinshanling zurücklaufen. Deshalb suchte ich noch ein neues, eher wenig begangenes Mauerstück. Dabei stiess ich auf die Grosse Mauer bei Huangyaguan.
Die Grosse Mauer sollte ja das Kaiserreich gegen die Einfälle der Steppenvölker im Norden schützen. Deshalb war es logisch, dass strategisch wichtige Passübergänge im Norden von Beijing (und nicht nur da) ganz besonderen Schutz genossen. Huangyaguan, rund 120 km nordöstlich von Beijing auf der Grenze der Provinzen Shandong und Hebei gelegen, war so ein Übergang. Dort gab es eine eigentliche Festung, die so kompliziert angelegt worden sei, dass dem Gegner, sofern es ihm denn überhaupt gelingen würde einzudringen, das Fortkommen in der Festung entsprechend erschwert würde. Allerdings wurde die Garnisonsstadt mehrfach zerstört und es ist heute nicht mehr klar ersichtlich, wie das früher mal ausgesehen haben mag. Zudem beginnt die restaurierte Mauer auf der attraktiveren Seite erst nach einem Fussmarsch von rund 45 Minuten und auch dann erstreckt sie die Mauer nicht wie in Jinshanling bis an den Horizont. Insofern war Huangyaguan ein interessanter Kontrapunkt zu den Mauerstücken, die ich bislang bereits kannte, aber doch nicht tauglich, um den Favoriten vom 1. Platz zu verdrängen.
Noch eine kleine Anekdote: Da die Hochsaison längst vorbei ist, wurde ich von den einheimischen Strassenhändlern entsprechend bearbeitet (immerhin, aufgrund der Temperaturen und der wenigen Touristen, waren es auch nicht so viele). Eine Restaurantbetreiberin warb ganz intensiv um meinen Fahrer und um mich. Wir sollten zu ihr essen kommen und das lokale Essen probieren. Natürlich war uns klar, dass das Essen hier teurer sein würde als sonst wo. Aber naja, ob wir auf der drei Stunden dauernden Rückfahrt so ohne weiteres ein Restaurant finden würden...wir schauten uns alles genau an und bestellten. Ich mag ein Gericht namens "yu xiang rou si". Das ist ein Gericht mit Schweinefleisch in Streifen geschnitten. Die Frau sagte dann, ob wir nicht "yu xiang lu si" möchten. Wer genau hinschaut, sieht die Differenz im dritten Wort. Wer nun aber weiss, wie die Chinesen ein "r" aussprechen, man noch den "Einheimischen-Slangcharakter-Faktor" der Frau dazu rechnet, wird verstehen, dass sich das für mich wie dasselbe anhörte. Ich hätte mich besser an das Fünftiereqigong von Lehrer Yu erinnert. Dort kommt der lu nämlich vor: Es handelt sich um Hirsch. Hm, was der Unterschied beim Gericht ausmacht? 40 Yuan. Die Frau redete über dieses Gericht solange auf uns ein, bis selbst der Fahrer irgendwie verwirrt schien. Nun gut, ich sagte dann irgendwann: "Bring es einfach, mit irgendeinem Fleisch drin". Logo, dass sie den Hirsch wählte. Es sind nur Fr. 6.- Unterschied zum Schweinefleisch, aber es sind so diese kleinen "Bescheissereien", welche es dem Touristen in China, selbst dem, der sich ein bisschen auf Chinesisch verständigen kann, nicht einfach machen. Es passiert mir nicht mehr so oft, aber gänzlich umgehen kann man solche Dinge einfach nicht. Zu zahlreich sind die "Angriffe" auf das Portemonnaie des Touristen.
Dieser Chinaaufenthalt gehörte zu einem der anstrengendsten überhaupt, obwohl ich ja nicht einen Tag zum Trainieren gekommen bin. Aber ständig war ich unterwegs, habe insgesamt sehr wenig geschlafen und war auch ständig ein Stück weit unter Druck, Zeitdruck, ob es für alles reicht und generell, weil ich ja für nächstes Jahr wieder eine interessante Chinareise zusammenstellen will. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen aufmunternden Mails nach China derjenigen Leute, die sich als eifrige Leser meiner Newsletter outeten. So ein Newsletter entsteht in meistens in der Nacht und dauert, vor allem wegen der Fotobearbeitung, in der Regel bis mindestens morgens um 2 Uhr. Aber es motiviert mich jedes Mal aufs Neue, wenn wieder jemand Freude an dem Bericht zeigt. Wir werden nun die Chinareise 2012 detailliert planen und sind guter Dinge, spätestens anfangs Januar ein Angebot auflegen zu können.
Herzliche Grüsse
23.11.2011/Jürg Wiesendanger
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