EM Bukarest Tag 6: Ein Tag zum Geniessen!

Letzte Medaillenübergaben mit zahlreicher Schweizer Beteiligung
 

Heute war der Abschlusstag der EM, welcher traditionellerweise den Duilian-Kategorien (Partnerkämpfe) und den Sanda-Finals gehört. Beides fand ohne Schweizer Beteiligung statt. Nach dem Mittagessen waren dann die letzten Medaillenübergaben. Diese hingegen fanden mit zahlreicher Schweizer Beteiligung statt, da heute die gestern gewonnenen sechs Medaillen übergeben worden sind.

 

Hier nun noch ein kurzer Rückblick aus meiner ganz persönlichen Sicht: Die Leistungen des Taolu-Teams waren insgesamt - ohne die Zielsetzungen des Verbandes zu kennen - gut bis sehr gut. Niemand wusste, wo wir bei den JuniorInnen europäisch genau stehen. Umso erfreulicher ist die grosse Zahl an Medaillen, welche wir da holen konnten. Mich persönlich freut, dass wir technisch bereits mit den besten Nationen mithalten konnten, d.h. dass wir z.T. sehr hohe A-Noten erhalten haben. Das zeigt uns, dass die Grundschule stimmt und wir die Anforderungen der Pflichtformen, rein technisch gesehen, problemlos erfüllen können. Bei der B-Note können die besten JuniorInnen bereits mit der erweiterten europäischen Spitze mithalten. Hier werden wir aber wohl leichte Korrekturen anbringen müssen und vor allem hoffen wir auch auf die Einsicht der jungen Athletnnen, dass man sich, um dahin zu kommen, wo z.B. die Russen oder die Ukrainer sind, auch im Training nicht schonen darf. Auch dort braucht es diesen "Fighting Spirit", den wir hier an den Wettkämpfen bei allen AthletInnen gesehen haben, während der ganzen Zeit.

 

Auf jeden Fall kann gesagt werden, dass jedes Teammitglied seine Nomination rechtfertigen konnte. Es gab keine absolute "Fremdschämform", selbst schwache Tage eines einzelnen Athleten waren sehr rar gesät. Es gab nun mal auch Kategorien und Konstellationen, die eine Medaille nur schwer in den Bereich des Möglichen rückten: So hatte Shunni Beuter trotz sehr starker Leistungen im Changquan und Säbel einfach auch enorm starke Gegner und einmal auch die Schiedsrichter nicht auf seiner Seite. Michelle Leitner startete in den Waffenkategorien zusammen mit denjenigen der 2012er-Form (sie machte die 2001er-Form), was per se schon ein Nachteil ist. Diese Zusammenlegungen erfolgten dann jeweils, wenn es in einer Kategorie zu wenig Startende gab, d.h. sie waren im Vorfeld nicht absehbar. Dazu kam, dass auch ihre Gegnerinnen allesamt stark waren. In diesem Feld hat sich Michelle sehr gut geschlagen und wird durch diesen Wettkampf sicherlich stärker. Für Sheryl und Liana war es eine super Erfahrung und auch sie konnten ihre Trainingsleistungen abrufen. Zudem hatten auch sie starke Gegnerinnen, die zudem oft aus dem Osten kamen, so dass die Schiedsrichter ihnen mehr verziehen als andern. Gerade der zweite Platz gestern der weissrussischen Athletin im Speer (Form 1989) war eine Beleidigung für alle übrigen Startenden (und leider nicht das einzige negative Beispiel dieser Art). Benjamin Müller hatte auch das Glück, dass in seiner Kategorie ein Medaillenplatz "frei" blieb, weil es in dieser Kategorie nur einen russischen und einen ukrainischen Athleten gab (für die Gold und Silber natürlich abonniert waren). ABER: Man muss dann auch bereit sein, diese Chance zu packen und alle übrigen zu schlagen. Benjamin hat dies wirklich souverän und verdient gemacht und dabei sein Potenzial nicht zum ersten Mal angedeutet. Zu Pascal Dutoit und Jan Giachino gibt es eigentlich nicht viel zu sagen, ausser dass beide ein Versprechen für die Zukunft sind. Sie waren überaus wettkampfstark und haben die sich ihnen bietende Chance gepackt. Dasselbe gilt auch für Livia Lochmann, die gute Formen auf den Teppich brachte. Cristina Giachino konnte mit ihrer Verletzung nur am Schwert teilnehmen, hat dort aber super "gebissen".

 

Bei der Elite liegen Glück und Elend oft nahe beieinander: Wer die C-Note verhaut - und das ist nun mal schnell passiert - hat sofort keine Chance mehr und das geschah leider doch das eine oder andere Mal. Allerdings müssen wir uns auch da mit keinem der Athleten verstecken. Alle haben sie die Nominationen gerechtfertigt und zwei Medaillen sind eine gute Ausbeute, auch wenn es mit etwas Wettkampfglück noch mehr hätten werden können. Neben den Medaillen gefreut habe ich mich über die hohe Note von 9.41 von Rolf Pachlatko im Säbel, die konstant hohen Noten von Sami, die Entwicklung von Rebecca Beuggert, welche mit etwas Wettkampfglück auch eine Medaille hätte holen können sowie die konstant guten C-Noten von Jehmsei. In der Vorbereitung wurde entschieden, dass er die risikoreicheren C-Elemente durch leichtere ersetzen soll, auch wenn dies allenfalls zu Lasten der B-Note geht. Das hat sich nun als taktisch vollkommen richtige Variante erwiesen: Jehmsei erhielt zwei Mal die Höchstnote im C von 2.0 und einmal 1.9!

 

Insgesamt nehmen wir Trainer ganz viel wertvollen Input nach Hause und die AthletInnen - hoffentlich - viel Mumm und Selbstvertrauen in ihre Möglichkeiten. Gerade für junge AthletInnen dürfte es ganz wichtig sein zu erkennen, dass sie gut vorbereitet waren und bereits vieles richtig gemacht haben. Es gibt Vertrauen in ihre Schule und in ihre Trainer, welche sie nun schon so viele Jahre begleiten. Vielleicht erkennen sie aber auch, dass sie selber gefordert sind, in jedem Training noch mehr zu geben, auch dort schon vermehrt an die Leistungsgrenze zu gehen. Ich weiss noch, wie wir jeweils "geladen" von solchen Turnieren zurück kamen. Wir hätten am liebsten Tag und Nacht trainieren wollen.;-) Ich hoffe, den jungen Schweizer Athleten gehe es auch so.

 

Zudem haben die AthletInnen nun einmal eine "grosse Kiste" erlebt, wissen, wie es sich auf diesem Teppich vor ihnen unbekannten Schiedsrichtern und andern Top-AthletInnen anfühlt. Sie haben erlebt, was es heisst, wenn der eigene Wettkampf mehrfach wegen Verspätungen im Programm stets nochmals nach hinten verschoben wird und man die Spannung immer wieder neu aufbauen muss. Sie wissen, wie es sich anfühlt, minutenlang im Warteraum neben dem Teppich zu verharren und auch dort zahlreiche Verzögerungen hinzunehmen. Dieser Wettkampf hat sie, davon bin ich überzeugt, alle stärker gemacht.

 

So verbleibt nur noch, mich bei allen zu bedanken, die mitgeholfen haben, dieses positive Erlebnis möglich zu machen, da schliesse ich das ganze Team, die Coaches und die begleitenden Angehörigen mit ein. Ich gratuliere allen Medaillengewinnern nochmals herzlich zum grossen Erfolg. Bereits am Mittwoch im nächsten Training bei uns in Unterentfelden heisst es, wieder nach vorne schauen und das nächste Ziel ins Visier nehmen.

 

JIAYOU!

 

 

Jürg Wiesendanger/11.5.2014

 

 

Hier das Abschlussbild von der EM in Bukarest mit fast allen Medaillen, die das Schweizer Team gewonnen hat (mit Ausnahme von Kenny Krebs, dessen Wettkämpfe ja viel früher waren und der bereits zurück gereist war). So sehen wir hier 13 von 15 Medaillen.



 

 
 
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